Veranstaltung: | Landesparteitag |
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Tagesordnungspunkt: | Rechenschaftsberichte |
Antragsteller*in: | Landesvorstand (dort beschlossen am: 22.10.2019) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 24.10.2019, 21:14 |
R 1: Rechenschaftsbericht des Landesvorstands 2018/2019
Antragstext
Der Parteitag, auf dem wir unseren ersten Rechenschaftsbericht abgegeben haben,
fand Ende April 2018 in Eckernförde statt. Wir waren alle höchst ein- und
angespannt, weil nur zwei Wochen später die Kommunalwahlen stattfanden. Als
komplett neuer Landesvorstand hatten wir zusammen mit dem tollen Team der
Geschäftsstelle und allen Kreisverbänden partizipativ eine Kampagne auf die
Beine gestellt. Wir konnten gemeinsam kreativ werden und Konzepte für den
Wahlkampf ausprobieren. Ihr erinnert Euch bestimmt an einige Elemente, wie die
bunten Schafe auf dem Deich, „Vielfalt statt Einfalt“, „Summsumm statt Blabla“.
Ob die Strategie des „Inhouse“-organisierten Wahlkampfs Erfolg haben würde,
stand noch in Frage. Der 6. Mai 2018 bestätigte und belohnte uns alle mit einem
hervorragenden Ergebnis von 16,5% als landesweit drittstärkste Partei, in
diversen Gemeinden sogar als stärkste Kraft. Der fulminante Wahlkampf hat sich
gelohnt und wir konnten 2,8% und damit 34.000 Stimmen dazu gewinnen und erneut
deutlich über dem damaligen Bundestrend liegen. Wir standen am 6. Mai 2018 in
fast allen Kreisen und kreisfreien Städten mit einem zweistelligen Ergebnis da,
sämtliche GRÜNEN Fraktionen sind gewachsen, in vielen Orten sind erstmals Grüne
in den Räten. Insgesamt haben wir jetzt über 600 Mandatsträger*innen - getreu
unseres Mottos haben wir danach sagen können: klar – grün – gemacht!
Wie immer gilt: nach dem Spiel ist vor dem Spiel – nach dem Kommunalwahlkampf
ist vor dem Europa-Wahlkampf. Die Vorbereitung hierfür folgte nach den Runden
mit Feedbacks und Kritik zum vergangenen Wahlkampf recht schnell. Mit der
Nominierung des Landesparteitags in Harrislee für Rasmus Andresen und Anna
Leidreiter gingen wir ins Rennen um die Europalistenaufstellung auf der BDK in
Leipzig. Beide haben sich dort hervorragend geschlagen und wir danken Rasmus und
Anna für ihr außerordentliches Engagement in einem harten parteiinternen
Wettbewerb. Mit Rasmus auf Listenplatz 16 hatten wir nun das erste Mal seit
langem wieder die Chance, eine*n Schleswig-holsteinischen Europaabgeordneten
stellen zu können. Rasmus‘ Wahlkampf mit reichlich Unterstützung von
Abgeordneten, Minister*innen, Robert und vor allem unzähligen Mitgliedern und
Freiwilligen hat große Freude gemacht und noch einmal bewiesen, wie herausragend
die Wahlkampfmotivation der Partei ist. Mit einem Ergebnis von 29,1% haben wir
einen Wahlsieg eingefahren, den wir uns nicht vorstellen konnten. Der klare
Fokus, „Menschenrechte und Klima schützen - Deine Zukunft: Europa“, hat sich
bewährt und bewiesen, dass wir nicht nur in Umfragen gut abschneiden, sondern
dies bei Wahlen umsetzen können. Der wirklich große Erfolg für uns GRÜNE im
Norden ist, dass mit Rasmus Andresen, ein junger Schleswig-Holsteiner im
Europaparlament sitzt! Wir sind so froh, dass Du dort bist und dass wir die
lange gute Zusammenarbeit auf anderer Ebene fortsetzen können.
Nicht nur bei den Wahlen waren wir GRÜNEN in den letzten anderthalb Jahren
überaus erfolgreich, wir spüren wohl alle auch, dass die Erwartungen an uns,
aber auch das Vertrauen in uns wachsen. Die sich veränderten Bedingungen, sei es
das Erstarken der Rechten, der rauer werdende Ton in der Gesellschaft, die
klaffende Schere zwischen Arm und Reich, die Klimakrise – all das verlangt
Antworten auf Fragen, denen wir uns stellen müssen. Dies braucht nicht zuletzt
eine Klärung der eigenen programmatischen Grundlagen. Dem haben sich Annalena
und Robert mit dem Bundesverband intensiv angenommen und einen groß angelegten
Programmprozess initiiert, an dem sich der Landesverband Schleswig-Holstein
intensiv beteiligt. Wir haben als LaVo und Geschäftsstelle zunächst
Themendiskussionen in Ratzeburg, Neumünster, Schleswig, Wedel und Heide sowie
nach Vorlage des Zwischenberichts das bundesweite Auftaktforum „Mut haben,
Zukunft machen“ in Lübeck organisiert. Zu erleben war auch hier der große Wunsch
vieler langjähriger und neuer Mitglieder nach intensiven Debatten und Raum für
kreative Ideen. Diese freudige Diskussionskultur ist hervorragende Grundlage für
die kommenden Vorbereitungen zur Bundestagswahl 2021 (oder schon früher?) und zu
unsereLandtagswahl 2022.
Parallel zur Programmatik mussten wir uns auch bezogen auf Satzung und
Strukturen den neuen Herausforderungen stellen. Erfreulicherweise konnten wir
auch weiterhin einen enormen Mitgliederzuwachs verzeichnen. Hatten wir GRÜNE am
Stichtag 23. März 2018 noch 2890 Mitglieder, so sind wir zum Stichtag 17.10.2019
auf 4144 Mitglieder gewachsen.Gleichzeitig waren nur einige wenige Austritte zu
verzeichnen.
Innerhalb dieses Zeitraums ist das ein Anstieg um rund 43%. Insgesamt hat unser
Landesverband aktuell einen Frauenanteil von ca. 44%. Zur Begrüßung der neuen
Mitglieder fanden drei sehr gut besuchte Neumitgliedertreffen im Landeshaus
statt. Ein weiteres ist vor dem jetzigen Landesparteitag geplant.
Wir müssen bei aller Freude die Möglichkeit schaffen, damit professionell und
zukunftsgerichtet umzugehen. Um unsere Strukturen anzupassen, haben wir uns mit
Susanna Obermair als Beraterin für systemische Organisationsentwicklung
professionelle Unterstützung ins Haus geholt. Gemeinsam mit einer sehr
engagierten Arbeitsgruppe, der wir an dieser Stelle unseren sehr herzlichen Dank
aussprechen, gestalten wir einen Prozess mit den verschiedenen Gliederungen der
Partei. Dank der fortwährenden Finanzierung aus den Kreisverbänden wird sie uns
auch weiterhin begleiten können. Im Strukturprozess nahmen wir uns zunächst
Fragen der Finanzbeziehungen sowie der Verteilung an. Nach einer internen
Aufgabenkritik und einer Erwartungsabfrage auf Kreisebene führten wir die
unterschiedlichen Anforderungen an die Landesgeschäftsstelle zusammen und
stellten diese strukturell neu und personell gestärkt auf. Darüber hinaus wurde
deutlich klar, dass die Parteiorganisation nur mit angemessen ausgestatteten
Kreisgeschäftsstellen funktioniert. Daher besteht der nächste Schritt im Ausbau
der Kreisgeschäftsstellen, wozu wir mit den Kreisverbänden bereits einen
intensiven Dialog begonnen haben. In einem weiteren Schritt steht auch die
Verbesserung der Zusammenarbeit mit der Bundesebene an, auf deren Ebene
ebenfalls ein Strukturprozess angestoßen wurde, den wir sehr unterstützen. Auf
Landesebene stehen als weitere Themen die Weiterentwicklung von Formaten für die
programmatische Arbeit sowie Digitalisierung und interne Kommunikation an.
Ebenso wie Programm und Struktur muss auch unsere Satzung in den neuen Zeiten
ankommen. Auch hier war eine Arbeitsgruppe, die Satzungs-AG, bis kurz vor diesem
Parteitag in intensiven Diskussionen fleißig am Werk. Danke dafür! Unsere
Vorschläge zur Überarbeitung der Satzung werden Euch auch heute hier noch
beschäftigen.
Dies stellte uns und viel mehr noch Euch vor neue Herausforderungen: viele neue
Leute machen Politik und haben viele Fragen. Eines unserer wichtigsten Projekte
war es dann auch, den Service und die Vernetzung für unsere Kommunal@s sicher zu
stellen und die GRÜNE kommunalpolitische Vernetzung über die GAR SH e.V. auf
dauerhaft finanziell und strukturell sichere Beine zu stellen. Dank des
Vertrauens der Kreisschatzmeister*innen und des Engagements des GAR-Vorstands
sehen wir die GAR auf einem guten Weg – auch wenn leider der Geschäftsführer
Matthias Ullrich, dem wir noch mal ausdrücklich danken wollen, ganz ins Büro von
Rasmus Andresen wechselte. Der Verein GAR SH e.V. hat im Sommer 2019 eine neue
Person gesucht und gefunden. Mit neuem Schwung geht es nun weiter und wir hoffen
auf eine gute Zusammenarbeit aller Beteiligten.
Unsere Partei soll inklusiver werden. Aus diesem Grund haben wir uns mit dem
Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung getroffen. Wir wollen den Input
in den nächsten zwei Jahren nutzen, um unsere Partei offener zu gestalten und
ein besseres Angebot für Menschen mit Behinderung zu schaffen. Dabei wollen wir
in Zusammenarbeit mit der LAG Soziales ein Konzept erarbeiten.
Dass die Zeichen jetzt gesellschaftlich auf GRÜN stehen, bringt viele neue
Herausforderungen mit sich. Eine davon ist, dass wir jetzt nicht nur mehr
Kandidat*innen für Bürgermeister*innenwahlen aufstellen, um die Chance zu
nutzen, GRÜNE Inhalte und Personen bekannter zu machen, sondern mit dem nicht
mehr unrealistischen Ziel, dass unsere Leute diese Wahlen auch gewinnen können.
Aber auch das gelingt nicht aus dem Nichts, es braucht neben guten
Kandidat*innen eine gute und langfristige Vorbereitung, es braucht Vernetzung
und Schulungen, den Aufbau geeigneter Personen über einen längeren Zeitraum –
schlicht: es braucht ein Konzept. Auch dies hat uns in den letzten Monaten
beschäftigt. Mit den beiden Wahlkämpfer*innen in Schleswig und Elmshorn, Wiebke
und Tafin, die großartig gekämpft haben und Wiebke es sogar in die Stichwahl
geschafft hat, konnten wir zwar keinen der Wahlkämpfe gewinnen aber dennoch
viele Erfahrungen in diesen ersten landesseitig unterstützten Wahlkämpfen
sammeln. Ein großes Dankeschön nochmal an Euch und Eure tollen Teams!
Neben all diesen Wahlkämpfen, Reformen, Konzepten und Strukturen wurde unser
Landesvorstandsalltag natürlich auch stark vom ganz normalen politischen
Geschehen bestimmt – wir waren im Maschinenraum unseres Landesverbandes, der
Landesgeschäftsstelle, präsent und wollten das Ohr nah bei unseren
Mitarbeiter*innen haben. Für die Zusammenarbeit mit euch in der Geschäftsstelle
möchten wir uns auch an dieser Stelle bedanken! Das riesige Engagement des Teams
und der über das erwartbare Maß hinausgehende Einsatz für die GRÜNE Sache sind
bemerkenswert und machen eine erfolgreiche Arbeit des Landesvorstands überhaupt
erst möglich. Die Suche nach neuen Räumlichkeiten für die Landesgeschäftsstelle,
die den Kriterien für Barrierefreiheit und eine angenehme und der neuen
Teamgröße angemessene Arbeitssituation entsprechen, ist eine weitere
Daueraufgabe.
Natürlich waren wir auch bei Euch vor Ort in den Kreisgeschäftsstellen, den
Orts- und den Kreisverbänden. Wir haben uns bemüht, LAGen zu besuchen und immer
wieder auch den Kontakt mit einzelnen Mitgliedern zu pflegen.
Steffen und Anna nehmen als Sprecher*innen-Duo regelmäßig an allen
Fraktionssitzungen der Landtagsfraktion, an den wöchentlichen Sitzungen der
Grünen Lage und der Jamaika-Runde teil. Gleichzeitig sind die beiden regelmäßig
in Berlin, um sich mit dem Bundesvorstand und den Vorständen der anderen
Landesverbände auszutauschen. Hinzu kommen etliche Unternehmensbesuche, Termine
mit Verbänden, Vereinen und Initiativen sowie die Repräsentation des
Landesverbands.
Neben diesem großen Bereich arbeiten wir an von uns initiierten Projekten
(Fortsetzung Plastikprojekt, Zeitpolitikprojekt) und beschäftigen uns mit
tagespolitischen Angelegenheiten.
Hierfür spielte die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, analog und digital, eine
große Rolle, die wir weiterhin für eine der wichtigsten Aufgaben des
Landesvorstands halten. Die Zusammenarbeit mit der Landtagsfraktion und unseren
Minister*innen funktioniert und wir haben uns zunehmend in die Medienarbeit
hineingefunden.
Die ganz große Herausforderung, die wir als Landesvorstand für die nächsten
Jahre sehen, ist, dass wir, wenn es uns gelingen soll, die fulminanten
Ergebnisse der Europawahl in den nächsten Wahlen auch nur annähernd zu
wiederholen, wir eine massive Weiterentwicklung der Parteiorganisation und -
struktur innerhalb kurzer Zeit realisieren müssen. Dafür ist die vertrauensvolle
Zusammenarbeit mit den Orts- und Kreisverbänden elementar wichtig. Als
Landesvorstand war und ist es unser Prinzip bei allen Prozessen auf Augenhöhe
mit allen Beteiligten zu arbeiten und gemeinsam getragene Lösungen zu finden.
Klar ist, dass dies möglicherweise nicht immer gelingt aber es ist nach wie vor
unser konsequenter Anspruch. Wir bedanken uns ausdrücklich bei all jenen, die
uns in den vergangenen zwei Jahren konstruktiv und auch kritisch begleitet
haben.
Vor uns allen liegt eine möglicherweise noch sehr viel größere Verantwortung:
Bei der Landtagswahl und der darauf folgenden Kommunalwahl könnten wir eine
Führungsrolle für Schleswig-Holstein übernehmen. Die Weichen dafür stellen wir
jetzt. Es gibt zahlreiche Orte im Land, in denen wir Direktmandate gewinnen und
Fraktionsstärken erreichen können, wie wir sie als GRÜNE bisher nicht kennen.
Auch wenn wir einen großen Mitgliederzuwachs zu verzeichnen haben, brauchen wir
künftig enorm viele Aktive und wir müssen schon heute damit beginnen, diese zu
gewinnen und sie so gut wie irgend möglich mit GRÜNER Politik vertraut machen.
Getreu des alten Mottos: Global denken, lokal handeln.
Begründung
Mündlich
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